Tiny Living in Deutschland Wood Me Up © Holzbau Maier Lippach

Tiny Living in Deutschland: Tipps & Trends

Ein Experteninterview von Wood Me Up

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Vom angespannten Immobilienmarkt über die wachsende Bedeutung nachhaltiger Bauweisen bis hin zum persönlichen Wunsch nach mehr Flexibilität und Freiheit – es gibt viele gute Gründe dafür, dass sich Minihäuser auch hierzulande wachsender Beliebtheit erfreuen. Wie bei allen Trends stellt sich allerdings auch in Sachen Tiny House die Frage, wie viel Substanz wirklich hinter dem Hype steckt: Für wen kann ein solches Minihaus eine echte Alternative zum klassischen Einfamilienhaus oder zur Eigentumswohnung darstellen? Und was sollten Interessenten auf jeden Fall wissen, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen?

Darüber haben wir uns mit Katja Maier unterhalten. Gemeinsam mit ihrem Bruder Christoph führt sie in dritter Generation die Holzbau Maier GmbH in Westhausen-Lippach. Der Familienbetrieb aus dem Ostalbkreis verfügt über eine eigene Sägemühle und ist vorrangig in der Region tätig, hat aber seit einigen Jahren auch eine Spezialität im Angebot, die Kunden aus ganz Deutschland zu schätzen wissen: Tiny Houses.

Im Interview mit Wood Me Up erzählt die ausgebildete Bautechnikerin, Zimmerer- und Sägewerksmeisterin davon, welche Vorzüge ein Minihaus in verschiedenen Lebensabschnitten haben kann und warum hierzulande das Tiny House mit Fundament besonders beliebt ist.

Frau Maier, Ihr Betrieb bietet seit inzwischen rund fünf Jahren maßgefertigte Tiny Houses an. Damit gehören Sie hierzulande zu den Pionieren auf diesem Gebiet. Wie erleben Sie die Entwicklung des Minihaus-Trends?

Nicht nur wir, auch unsere Kolleginnen und Kollegen in Baden-Württemberg und ganz Deutschland beobachten schon seit einiger Zeit, dass die Nachfrage konstant steigt. Wenn wir die Kapazität dafür hätten, könnte unser Team hier in Westhausen-Lippach inzwischen jede Woche ein neues Tiny House bauen und ausliefern (lacht). Für die Entwicklung der Immobilienbranche in Deutschland sind Minihäuser meiner Meinung nach eine doppelte Chance. Sie ermöglichen es zum einen, selbst kleine Baulücken zu schließen – immerhin wäre in vielen Gärten und sogar auf manchem Garagendach genug Platz für ein Tiny House. Zum anderen schaffen sie Wohnraum, ohne dass dafür viel Fläche versiegelt werden muss.

In Anbetracht der ja weiterhin sehr angespannten Lage auf dem Immobilienmarkt bemühen sich deshalb auch die Kommunen zunehmend darum, Minihäuser in ihren Bebauungsplänen zu verankern. Ganz in der Nähe unseres Betriebs ist so beispielsweise die erste Tiny-Siedlung des Ostalbkreises entstanden – und bei einer kleinen Gemeinde mit weniger als 1.000 Einwohnern sind vier Tiny Houses doch schon eine ganze Menge.

Für wen ist ein Tiny House besonders interessant?

Ich denke, da kommt es sehr auf den Lebensabschnitt an: Keine Immobilie passt für jeden und das ist auch bei Minihäusern nicht anders. In unserem Betrieb bauen wir viel für ältere Menschen, die Ballast abwerfen und sich verkleinern wollen. Gerade Senioren, die ein großes Haus mit einem noch größeren Garten haben, sagen zu uns in der Beratung oft: „Mir ist das inzwischen zu viel, das will ich nicht mehr!“ Deshalb stellen sie sich ein Tiny House in den Garten, übergeben ihr großes Haus an die Kinder und ziehen wenige Meter entfernt in ein schönes kleines Häuschen ein.

Gleichzeitig entdecken aber auch viele jüngere Singles und Paare, die weltweit tätig sind, die Vorteile des Tiny House für sich. Ein großes Haus oder eine Wohnung leer stehen lassen, kann schließlich teuer werden – aber ein Leben mit ständig wechselndem Wohnsitz ist auch schwierig. Für Menschen, die viel reisen, kann ein Tiny House daher auch eine ganz praktische Lösung sein: Oft findet sich auf einem Grundstück, das ohnehin schon im Familienbesitz ist – zum Beispiel in den Garten der Eltern – genügend Platz für ein Minihaus. So kann man dann auch mal ein halbes Jahr unterwegs sein, ohne dass eine große Immobilie leer steht, und kehrt trotzdem immer in die eigenen vier Wände zurück.

Grundsätzlich gibt es bei Tiny Houses zwei Varianten: Mobile Minihäuser und Tiny Houses mit Fundament. Welche ist in Deutschland die beliebtere?

Ganz klar die stationäre. Die ursprüngliche Form, mit der das Thema Tiny House in den USA seinen Anfang genommen hat, sind die fahrbaren Minihäuser, die wie Wohnmobile an Autos gekoppelt und mitgenommen werden können. In Deutschland dürfen solche Anhänger aber nur auf die Straße, wenn sie nicht mehr als 3,5 Tonnen wiegen. Holzständerbauweise ist ja wirklich leicht, aber bei einem mobilen Tiny House für den deutschen Markt feilscht man trotzdem um jedes Gramm (lacht).

Wir stellen zwar auch immer wieder solche fahrbaren Tiny Houses her, aber der Großteil der Minihäuser, die in Deutschland in Auftrag gegeben werden, sind dafür gedacht, fest auf einem Fundament zu stehen. Es gibt nämlich auch Tiny Houses ohne Räder, die wir auf Ringfundamente stellen. Da es hier nicht so sehr aufs Gewicht ankommt, können wir diese Modelle sowohl in Holzständerbauweise als auch in Holzmassivbauweise anbieten – und wir können sie ganz anders ausstatten. Das macht diese Form des Tiny House für Bauherren in Deutschland besonders attraktiv.

Nimmt die Bauweise mit Fundament dem Tiny House nicht die Flexibilität, die für viele Eigentümer gerade den großen Reiz an der Sache ausmacht?

Keineswegs! Auch mit dieser Variante ist man nicht an einen Standort gebunden. Steht ein Umzug an, kann man einfach die Versorgungsleitungen kappen, das Tiny House in einem Stück auf einen Tieflader stellen und es mitnehmen. Am neuen Wohnort wird das Häuschen dann wieder auf ein Ringfundament gestellt, an Strom und Wasser angeschlossen – und schon ist alles wieder startklar. So liefern wir unsere Minihäuser übrigens auch aus: Schlüsselfertig auf dem Tieflader. Vom Aufstellen mit dem Kran bis zum Einzug dauert es dabei weniger als eine halbe Stunde.

Gerade weil man es so erstaunlich unkompliziert an einen neuen Standort versetzen kann, denke ich übrigens auch, dass diese Variante das Beste aus dem Konzept des Tiny House herausholt: Ein Tiny House mit Fundament ist mobil, kann aber eben doch ein ganzes Stückchen größer und komfortabler sein als ein fahrbares Minihaus. Außerdem man muss es nicht selbst von A nach B transportieren – auch das ist ein nicht zu unterschätzender Faktor. Um mit einem Tiny House auf Rädern umzuziehen, braucht man ja nicht nur den Anhängerführerschein der Klasse BE, sondern auch ein Zugfahrzeug, das dreieinhalb Tonnen bewegen kann. So viel Power hat längst nicht jeder PWK.

Frau Maier, Sie sind selbst viel mit einem Modell-Minihaus auf Messen und anderen Veranstaltungen unterwegs, um zum Thema Tiny House zu beraten. Was sollten Interessenten auf jeden Fall wissen, bevor sie eine Kaufentscheidung fällen?

Informieren ist gut, aber Ausprobieren ist besser! (lacht) Das minimalistische Wohnen im Tiny House für die meisten von uns noch etwas ungewohnt. Aus diesem Grund finde ich es so wichtig, dass immer mehr Fachbetriebe eigene Modellhäuser bauen und man sich vielerorts auch mal für paar Tage ein Mini-Ferienhaus buchen kann: Das Wohngefühl im Tiny House kann man nämlich nie so beschreiben, wie man es erlebt.

Mich persönlich beeindruckt immer wieder, wie viel Wohnkomfort auf so kleinem Raum möglich ist. In einem Tiny House wird jeder Zentimeter ausgereizt – aber nicht nur in Sachen Stauraum, sondern auch mit Blick auf die individuelle Gestaltung. Denken wir beispielsweise an den Schlafplatz: Ein typisches Tiny House hat anderthalb Geschosse, denn wenn das Bett oben auf dem Zwischengeschoss steht, nimmt es unten keinen Platz weg. Das hat den Vorteil, dass wir direkt über dem Schlafbereich ein Dachfenster einbauen und unsere Kunden den Blick auf die Sterne genießen können. Gleichzeitig maximieren wir unter der Treppe den Stauraum: Hier steht meist die Waschmaschine, manchmal sogar noch ein Trockner, und in den obersten Treppenstufen verstecken sich oft Schubladen.

Deshalb würde ich allen, die sich für das Thema interessieren, auf jeden Fall einen Besuch oder vielleicht sogar ein Probewochenende in einem Tiny House empfehlen. Keine Frage, sachkundige Beratung durch einen Fachbetrieb ist ein wichtiger Schritt, aber entscheidend ist schlussendlich, ob das Lebensgefühl stimmt. Und da geht Probieren echt über Studieren.

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